4 Minuten mit Elke aus dem Moore

In vier Minuten in die Waldidylle: Die Fahrt mit der Standseilbahn ist immer ein Erlebnis. Wir nutzen die Zeit, um Stuttgarter Persönlichkeiten in einem "schrägen" Interview kennenzulernen.

Elke aus dem Moore studierte Literatur- und Kunstwissenschaften in Osnabrück, Zürich und Bochum und war 1999 bis 2002 als Kuratorin für zeitgenössische Kunst an der Shedhalle Zürich tätig. Als Leiterin des Künstlerhauses Stuttgart verantwortete sie von 2003 bis 2006 das internationale Ausstellungsprogramm. Sie publizierte zahlreiche Ausstellungskataloge und Artikel für diverse Zeitschriften. Kulturelle Übersetzung im Feld internationaler Kulturarbeit.
Des Weiteren ist sie Initiatorin und Mitgründerin des Online-Magazins Contemporary and (C&), das soeben erweitert wurde mit C& América Latina. Elke aus dem Moore ist verantwortlich für die Konferenzserie »Biennials in Dialogue« des ifa (Shanghai, Karlsruhe und Christchurch) und ist Mitbegründerin und Vorstandsmitglied der International Biennial Association. Seit April 2018 ist Elke aus dem Moore die Leiterin der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart.
Frau aus dem Moore: Was machen Sie als erstes, wenn Sie morgens aufwachen?
Ich versuche mich an meine Träume zu erinnern. Ich bin immer wieder fasziniert, welch seltsame und oft bedeutsame Geschichten wir in unseren Träumen erleben und ja selbst imaginieren.
Lieber Urlaub am Strand oder in den Bergen?
Eher Urlaub am Meer, pandemiebedingt kann ich auch einen Sommerurlaub in den Bergen sehr genießen, so lange ein See in der Nähe ist. Auf jeden Fall ist die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln geplant.
Schweizer Käsefondue oder schwäbische Maultaschen?
Die schwäbischen Maultaschen, allerdings fehlt bei der Auswahl Salat und Gemüse!
Kommt „Kunst“ wirklich von „Können“?
Der Begriff Kunst hat tatsächlich vom Wortstamm her etwas mit dem Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten und dem Entwickeln einer Meisterschaft zu tun. Doch worin genau? Die Kunst ist die Fähigkeit, etwas anders zu sehen als gewohnt, etwas zu imaginieren und damit etwas Neues entstehen zu lassen. Das ist eine andere Art der Forschung, eine künstlerische Forschung!
Wieso ist Dialog und Austausch in der Kunst wichtig?
Dialog und Austausch bedeuten nicht nur eine neue Perspektive kennenzulernen, sondern damit auch die eigene Sicht- und Denkweise wahrzunehmen und ggf. zu überdenken. Es kann als Korrektiv wirken, vor allem jedoch als Bereicherung.
Wer ist Ihr/e Lieblingskünstler/In?
Von besonderer Bedeutung sind für mich Künstlerinnen, die ungeachtet gesellschaftlicher Beschränkungen, die sie in einer nicht-egalitären Gesellschaft erfahren haben, ihr künstlerisches Werk voller Kraft, Vision, Humor und Poesie geschaffen haben. Dazu gehören Artemisia Gentileschi, Leonora Carrington und Annette Wehrmann und viele andere mehr.
Welche Kunstepoche der Vergangenheit hätten Sie gerne miterlebt – und warum?
Die Renaissance und der Surrealismus sind beide Epochen der Wandlung und Transformation. Zeiten, in denen das Entdecken neuer Möglichkeiten und Perspektivwechsel zentral waren.
Was können Europäer von afrikanischer Kunst lernen?
Die Kunst afrikanischer Kunstszenen ist hochgradig komplex, vielschichtig und superspannend. Vor allem ist sie sehr divers und deswegen würde ich von einer Verallgemeinerung abraten, die einen ganzen Kontinent versucht zu beschreiben.
Was ich bezeichnend an der Haltung und Philosophie afrikanischer Künstler:innen finde, ist, dass in vielen Werken das Individuum nicht so sehr im Zentrum steht. Die Kunst, die entsteht, versteht sich als Teil eines Ganzen und dem jeweiligen sozialen, ökologischen und spirituellen Kontext. Von dieser Sichtweise können wir Europäer:innen viel lernen, um uns als Teil einer Weltgemeinschaft zu sehen.
Wie ist es in einem Schloss zu arbeiten?
Wunderbar ist es, an einem so besonderen Ort umgeben von weitläufigen Wäldern und frischer Luft zu arbeiten. Das barocke Schloss Solitude hat eine Geschichte und Aura, die spürbar ist. Einst durch Zwangsarbeit erbaut, war das Schloss Solitude für einige Jahrzehnte ausschließlich dem Adel zugänglich. Diese elitäre und exklusive Nutzung wurde durch die Idee eines Studentenwohnheims und dann später der Akademie Schloss Solitude aufgehoben. Ein ständiger Wandel liegt dem Schloss inne und so gestalten wir den (Arbeits-) Alltag immer wieder neu mit den anwesenden internationalen Stipendiat:innen.
Kann Kunst die Welt retten?
Ja, zumindest hat Kunst das Potential die Welt zu verändern! Sie stellt eine wichtige Ressource des menschlichen Seins dar, eine kreative schöpferische Kraft.  Künstler:innen stellen brisante und relevante Fragen in allen Bereichen des Lebens. Sie produzieren neue Wissensformen und erarbeiten wertvolle Alternativen zu gewohnten Denk- und Vorgehensweisen. Ich setze mich derzeit sehr dafür ein, dass künstlerisches Denken, Handeln und Forschen stärker in gesellschaftspolitische Prozesse einbezogen werden und wirken können. Diese Impulse aus der Kunst sind meines Erachtens notwendig, um die so dringend notwendigen Veränderungen herbeizuführen.
Fotografien von Matthias Straub

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