Martin Elbert
07.09.2021
07.09.2021
Wie wäre wohl eine Brücke von Killesberg nach Degerloch?
"Think big" kann richtig schön sein – gerade wenn’s in Richtung Utopie geht. Zum Beispiel in niemals realisierbare Zukunftsvisionen für diese Stadt, in große Fantasien und Träumereien. Unser Kolumnist Martin Elbert denkt jetzt mal richtig groß!
Aber nochmal zurück zum Anfang: Big Thinker nerven eigentlich total. Genauso wie die Out-of-the-Box-Thinker. Oder die Neu-Denker. Oft leicht durchschaubare Marketing-Knechte mit einem Small-Penis-Problem. Sie schreiben dich auf LinkedIn an, quatschen dich voll mit ihrem Baukasten-Mondkalender-Plattitüden. Hallo, ich bin der CEO der Dukannstallesschaffen-Supercrew (CEO von einem Laden mit zwei Mitarbeiter:innen!) und „wir denken Filmproduktion neu“.
Ganz toll, wie ihr neu denkt. Ich zum Beispiel denke Wasserkochen neu, vielleicht erhitzen wir Wasser mit einer Rakete von Jeff Bezos, das wäre doch total raus aus der Box gedacht, oder? Wirklich groß denkt meistens keiner von denen. Da fehlt’s letztendlich an der geistigen Kapazität. Dabei kann big thinken richtig schön sein, gerade wenn’s in eine Utopie kippt, zum Beispiel in niemals realisierbare Zukunftsvisionen für diese Stadt, in große Fantasien und Träumereien.
Wie wär’s zum Beispiel mit einer riesigen Brücke vom Killesberg nach Degerloch? Eine schwäbische Golden Gate Bridge, nur sehr viel größer, höher und weiter, ein echtes Jahrtausend-Werk. Awa, niemals! Natürlich niemals! Oder doch? Fliegen wir über die digitale Stadtkarte. Wie könnte das ganz theoretisch aussehen, ohne dass sofort jemand „Machbarkeitsstudie!“ schreit?
Seitens Killesberg könnte die Brücke zum Beispiel beim Dreieck Doggenburg andocken. Von da spannt sie sich quer über West auf, man schaut von sehr, sehr weit oben hinunter auf den Hölderlinplatz, erspäht die Feuersee-Partypeople, streift leicht die Karlshöhe, reist weiter über Süd, winkt dem Erwin-Schoettle-Platz zu, landet schließlich in den Degerloch-Hills, unmittelbar am Bahnhof und direkt auf einer Bundestraße. Wie stark wär‘s? Extrem stark!
Der vermeintliche Vorteil dieser Spinnerei liegt auf der Hand. Nicht mehr alles und jeder muss durch den Kessel. Mit alles wäre auch wirklich alles gemeint, weil auf meiner Traumbrücke läuft und fährt natürlich jeder drüber. Fußgänger, Jogger, Radfahrer, Autos, eine Stadtbahn oben, eine Seilbahn mit Personen und Gütern unten, außerdem könnt man eine Glasfaserleitung montieren und Degerloch hätte dann endlich Internet… Spaß!
Das würde wahrscheinlich 28 Milliarden Euro kosten und Stuttgart wäre um ein paar monströse Brückenpfeiler alias neue Graffiti-Flächen reicher, um die jahrelang gestritten und demonstriert wird, weil not in my backyard!
Am Ende aber entzerrt sich der Verkehr in der Innenstadt, die Luft wird wesentliche besser, neue Flächen für die Menschen in der Innenstadt entstehen. Und sowieso, stell dir das allein mal optisch vor, wie krass dieser Anblick sein könnte. Du stehst in der Stadt und schaust auf dieses überirdische Bauwerk, die einzige deutsche Brücke, die einfach jeder auf der ganzen Welt kennen wird, ein Tourismus-Magnet pur! Jajaja, träum doch einfach weiter! Mach ich auch!
Bleiben Sie dran für mehr Quatsch. Vielleicht klappt‘s ja eines Tages mit den Flugtaxis. Die dürfen zwischendurch gerne auf meiner Brücke vom Killesberg nach Degerloch landen. Um mal raus aus ihrer Box zu kommen.