Linie U54: ein außergewöhnliches Klangerlebnis

Der Raum wird dunkel, das Klangerlebnis beginnt. Bekannte Bahn-Geräusche durchströmen die Kopfhörer. Das Podest unter unseren Stühlen vibriert. Die Bahn klingelt, säuselt, bremst und rattert auf den Gleisen. Durchsagen erklingen und verstummen. Wir fahren in einer unserer SSB Stadtbahnen. Oder doch nicht?
Wer kennt es nicht? Nach einem langen Arbeitstag fährt es sich in der Bahn besonders entspannt nach Hause, wenn man die Kopfhörer aufsetzt und die Fahrtzeit am Smartphone überbrückt. Einfach abschalten von dem Trubel, der einen jeden Tag umgibt. Somit entfliehen wir in unsere persönliche Bubble und befinden uns in der Öffentlichkeit, ohne dabei wirklich Teil dieser Welt zu sein. Jedes Geräusch und jeder Blick aus dem Fenster kommt einem bekannt vor. Doch haben wir unsere Umgebung während der alltäglichen Bahnfahrt wirklich schon mal bewusst wahrgenommen?
Was wäre also, wenn wir die Kopfhörer einfach abnehmen, das Handy wegpacken und der Umgebung zuhören? Wir hören auf den Klang der Bahn und der Umgebung – jedes einzelne Detail der Fahrt – und auf den Klang unserer Fantasien und Gedanken. All diese Klänge vermischen sich und werden zu Einem. Und das hört sich für jeden Fahrgast anders an.

Auf die Ohren

Wie unterschiedlich dieses individuelle Klangerlebnis wahrgenommen wird, hat eine Studierendengruppe des Masterstudiengangs „Audiovisuelle Medien“ der Hochschule der Medien in Stuttgart in ihrem Abschlussprojekt „Linie U54“ reproduziert und bei der hochschuleigenen Media Night am 30. Juni der Öffentlichkeit vorgestellt. So konnten Besucher:innen des Projekts mit einer Eintrittskarte im SSB-Fahrkarten-Look ein Tonstudio betreten, das abgedunkelt und entsprechend der SSB Farben beleuchtet wurde. Auf den vier Stühlen, die mittig auf einem Podest platziert waren, konnte Platz genommen und bereitgestellte Kopfhörer aufgesetzt werden. Zusätzlich zu den On-Ear-Kopfhörern waren die Besucher:innen von einem 3D-Audio-System umgeben. Hinsetzen, umsehen, auf sich wirken lassen und los geht’s.

Vertraut unvertraut

Mit dem vibrierenden Untergrund, Bahnsounds und Durchsagen wird den Besucher:innen schnell bewusst, dass Kopfkino und die Umgebung täuschen. Dann steigert sich die Dramaturgie des Gehörten und es mischen sich Musik-Sounds mit unter die technischen Bahn-Sound. Eine perfekte Ergänzung und ein passendes Miteinander. Wir fahren und fahren. Aber die Klänge dringen nicht nur durch die Kopfhörer. Das 3D-Soundsystem spielt einen anderen Sound. Ab hier wird es individuell: Manche Besucher:innen ziehen die Kopfhörer ab, manche nicht und andere heben nur eine Seite des Kopfhörers vom Ohr weg. Alles ergänzt sich, und trotzdem ist jeder Sound individuell. Genau auf dieses einzigartige Klangerlebnis wurde vom Studierendenteam abgezielt, denn jeder Fahrgast nimmt eine Fahrt mit den Stadtbahnen der SSB anders wahr und so soll es auch bei der „Linie U54“ sein. Vertrautes wird unvertraut und Unvertrautes wird vertraut. Die Gedanken driften ab und man findet in dieser Reise der Umhüllung die gesuchte Entspannung.

Die U54 fährt weiter

Der in dem Projekt verbaute Stadtbahn-Ton wurde von der Studierendengruppe Anfang Mai in einer neuen Stadtbahn aufgenommen und bis Ende Juni aufbereitet. Insgesamt hat das Projekt viel positive Resonanz erfahren – auch bei der Media Night hatte die „Linie U54“ mehr Mitfahrer:innen als erwartet. Mit dem Projekt „Linie U54“ will das Studierendenteam im nächsten Schritt bei der „Europe’s Sixth Student 3D Audio Production Competition" teilnehmen.
Fotografien vom Studierendenteam der HdM

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