Vier gewinnt mit Jennifer Reaves

„4 gewinnt“ ist unser Motto mit Bus und Bahn! Mit ausgesuchten Persönlichkeiten geht’s mit den Öffentlichen einmal quer durch die Stadt zu ihren Lieblingsplätzen. Perfekt, um Stuttgart noch einmal aus einer ganz persönlichen Perspektive kennenzulernen. Dieses Mal hat uns Jennifer Reaves, Gründerin des feministischen Festivals BitchFest, ihre Hotspots gezeigt.
Die 44-jährige Stuttgarterin fällt auf – durch ihren bunten Kleidungsstil und durch ihre gesprächige und selbstbewusste Art. Sie selbst sagt, mit ihrem Auftreten polarisiere sie schon ihr Leben lang. „Entweder, man liebt mich oder man hasst mich, dazwischen gibt es selten etwas“, lacht Jennifer Reaves. Manch einer kennt die Unternehmerin vielleicht schon durch ihre langjährige Arbeit bei der Designmesse Blickfang, wo sie zeitweise als Geschäftsführerin tätig war. Mit der Gründung des BitchFests, das am 7. September 2024 im StadtPalais Premiere feiert, hat sie sich einen lang gehegten Traum erfüllt. „Manchmal vermitteln mir diese beiden Berufswege das Gefühl, zwei verschiedene Leben geführt zu haben“, verrät sie. Jetzt sind wir aber neugierig geworden!
Jennifer hat ein grünes Kleid an und sitzt lächelnd auf einer roten Bank, vor einer Fensterfront.

Rathaus


Los geht es bei der Haltestelle Rathaus, genauer gesagt im Frühstücksrestaurant Fritz des Hotels EmiLu. Das Team des Feuilletons im Osten zaubert hier Frühstückskreationen von Eggs Benedict bis zu einer Shakshuka-Variante. Jennifer schwört hier auf den Kaffee und die vielfältigen kreativen Leckereien, zwischen denen sie sich kaum entscheiden kann. Schließlich fällt ihre Wahl auf einen Cappuccino und die Fishermans-Pretzel mit Bacon statt Thunfisch. Wir machen es uns auf der Terrasse gemütlich. Das Fritz hat die Design-Liebhaberin übrigens ausnahmsweise nicht selbst entdeckt, sondern ihr Mann. „Normalerweise ist er von uns beiden nicht die Person der schönen Dinge, aber in letzter Zeit hatte er schon mehrere Male ein gutes Händchen für schöne Spots”, erzählt sie schmunzelnd.

Charlottenplatz


Frisch gestärkt geht’s weiter mit der U-Bahn Richtung Charlottenplatz. Nur eine Station und schon sind wir da. Hier befindet sich das städtische Museum StadtPalais, die Location für Jennifers geliebtes BitchFest. Auf den Treppen gibt sie Einblicke, was es damit genau auf sich hat: „Das BitchFest ist ein Festival für badass Women and their Girls, eine große Party mit Workshops, Panels, Live-Musik und mehr. Die Idee dazu hatte ich bereits vor der Pandemie – allerdings sah das Festival damals in meinem Kopf noch ganz anders aus.“ beginnt sie. „Es sollte sich, wie viele andere Events, die Female Empowerment feiern, vor allem an Gründerinnen und Unternehmerinnen richten. Während der Pandemie bin ich allerdings in ein großes Loch gefallen, eine Lebenskrise, die mir jeglichen Mut genommen hat. Dadurch habe ich mich selbst stark verändert – und ebenso meine Vision vom BitchFest. Heute ist es mir besonders wichtig, dass es sich eben nicht nur an Gründerinnen und Unternehmerinnen richtet, sondern an alle Frauen. 77 Prozent der Frauen sind keine Unternehmerinnen. Meine Schwester ist Erzieherin, meine Mutter war Krankenschwester. Die haben auch Female Empowerment verdient! Female Empowerment orientiert sich oft zu sehr an der Leistung von Frauen – nur Erfolge zu feiern, finde ich heute zu oberflächlich.“
Und wie kommt’s zum einschlägigen Namen? Mit dem Wort Bitch habe sie schon immer gerne gespielt und sich auch selbst so bezeichnet. „Eine Bitch ist für mich eine Frau, die für sich selbst einsteht, die den Raum mit ihrer Präsenz füllt, die keine Angst hat, ihre Wünsche zu äußern und sie einzufordern, auch auf die Gefahr hin, damit anzuecken. Ich hasse es, in Stereotypen zu sprechen – deswegen ist das nur meine eigene Erfahrung: Ich habe den Eindruck, dass es Frauen immer noch schwieriger fällt, ihre Bedürfnisse auszusprechen und einzufordern. Das ist etwas, das mir schon immer leicht fiel und das ich mir für viel mehr Frauen da draußen wünsche, angefangen bei meiner Tochter.” Jennifer Reaves ist selbst Mutter. Im Gespräch lässt sie immer wieder durchblicken, dass es auch die Beziehung zu ihren beiden Kids ist, die Einfluss auf ihre Entscheidung gehabt hat. Deshalb ist es beim BitchFest auch explizit gewünscht, dass Mütter das Festival mit ihren Töchtern besuchen können. Ein ganzer Tag voller Workshops, Talks und Entertainment – ein besseres Bonding-Programm kann es ja wohl kaum geben!
Jennifer schlendert vor den Treppen des StadtPalais und schaut auf ihr Smartphone.

Schwab-/ Bebelstraße


Wir steigen am Charlottenplatz in die U2 und an der Station Schwab-/ Bebelstraße aus. Ganz in der Nähe befindet sich das Café Wyld. „Ich liebe das Wyld!”, ruft Jennifer begeistert. Das Konzept am Rosenbergplatz vereint eine Tagesbar mit einem Store und hält allerlei bunte Überraschungen bereit. Jennifer verbindet eine persönliche Geschichte mit diesem Ort: „Da ich kein eigenes Büro hatte, durfte ich in den ersten Monaten der Konzeption des BitchFests kostenlos in einem Kunstatelier im Westen arbeiten, das von der Besitzerin nur wochenends genutzt wurde. Sie hat Porträts von starken Frauenpersönlichkeiten gemalt, in deren Umgebung es sich natürlich umso besser arbeiten ließ! Da sich das Wyld in Gehweite befindet, habe ich mir in dieser Zeit oft meinen Kaffee dort geholt oder mich für Meetings getroffen“, erklärt sie. Auch der zugehörige Concept-Store hat es Jennifer angetan – schließlich hat sie eine große Leidenschaft für Design: „Der Concept-Store hat viele kleine tolle Produkte, die ich alle noch aus meinem ‚ersten Leben‘, aus Zeiten der Blickfang kenne.“ Sie stöbert zwischen Kerzen, Coffee Table Books und Postkarten. Man könnte also fast sagen, an diesem Ort vereinen sich Jennifers zwei Leben … Nach einer hausgemachten Limonade geht’s für uns weiter zum letzten Spot.
Jennifer steht im Café Wyld und schaut sich Produkte an. Im Hintergrund hängen Artikel wie Jutebeutel, Beanies, daneben stehen Bücher etc.

Killesberg


An der Haltestelle Rosenberg-/Seidenstraße geht’s in den Bus 43, der uns zum Killesberg bringt. Dort wohnt Jennifer mit ihrer Familie. In unmittelbarer Nähe zu ihrem Zuhause befindet sich der Killesbergpark, ihr persönliches Naherholungsgebiet. Mit ihren weiten Grünflächen und dem bekannten Turm bietet sich die Fläche ja auch perfekt für eine kleine Auszeit an. Auch Jennifer geht hier gerne laufen oder spazieren – auch wenn sie sich erst mit der Gegend anfreunden musste: „Früher dachte ich, der Killesberg wäre mir zu weit weg vom Stadtzentrum, weil ich das städtische Leben sehr schätze. Aber ich liebe es auch, mit dem Bus zu fahren – und mit dem ist man ganz schnell wieder im Kessel!“ Das ist unser Stichwort! Wir verabschieden uns und sind schon gespannt, wie es mit ihrem neuen Projekt weitergeht …
Jennifer steht im Grünen des Killesberg Parks.

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